Die Eröffnung im Projektmanagement – Wie der erste Zug über Erfolg oder Misserfolg entscheidet
Das Management von Projekten ähnelt einer Schachpartie: Jede Phase erfordert eine eigene Strategie, um erfolgreich zu sein. Und wie im Schachspiel gibt es Prinzipien, die Orientierung geben und helfen, Fehler zu vermeiden. In diesem Artikel betrachten wir die Eröffnung eines Projekts – die erste und entscheidende Phase. In zwei weiteren Artikeln werden wir uns dem Mittelspiel und dem Endspiel widmen, um das gesamte Spiel des Projektmanagements abzubilden.

Foto von Rick J. Brown
Warum die Eröffnung entscheidend ist
Im Schach bestimmt die Eröffnung die Positionierung für das gesamte Spiel. Wer hier unbedacht und vorschnell agiert, gerät schnell in Schwierigkeiten. Dasselbe gilt für Projekte: Wird ein Projekt richtig aufgesetzt, schafft das die Grundlage für ein erfolgreiches Projekt.
Fehler hingegen, die bei der Eröffnung gemacht werden, lassen sich später oft gar nicht mehr oder nur unter großen Kosten an Zeit, Budget und inhaltlichen Abstrichen wieder korrigieren.
Häufige Herausforderungen und Fehler
- Überambitionierte Ziele: Große Versprechen imponieren Stakeholdern, schaffen „Phantasie“ für Marktbewertungen und beeindrucken Investoren oder Wähler. Zu viel auf einmal erreichen zu wollen, oder Dinge, die „noch nie dagewesen“ waren, mögen zwar kurzfristig für Begeisterung sorgen, sind aber einer der wesentlichen Gründe für das Scheitern vieler insbesondere Großprojekte. Ein inkrementelles Vorgehen hingegen erlaubt schnelle echte Erfolge und Flexibilität gegenüber veränderten Rahmenbedingungen.
- Unrealistische Rahmenbedingungen: Oft werden Projekte von Anfang an mit zu optimistischen Zeitplänen gestartet. Dies liegt nur zum Teil an mangelnder Erfahrung und Überoptimismus des Managements. Oft werden Projekte auch „politisch schön gerechnet“, weil Umsetzung oder ein Zuschlag bei realistischer Kostenschätzung nicht erreichbar ist. Eine nicht realistische Einschätzung der benötigten Ressourcen und Zeit führt später zu teuren Engpässen und Verzögerungen.
- Überhasteter Start und „committment fallacy“: Die meisten Unternehmenskulturen honorieren Tatkräftigkeit. Dies ist bei laufender Umsetzung eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Legt sich eine Organisation aber vorschnell auf ein suboptimales Ziel und Vorgehen fest, bevor wesentliche Informationen eingeholt wurden, sind Probleme vorprogrammiert.
- Unzureichende Abstimmung und Anforderungsanalyse: Ohne frühzeitige Abstimmung und Transparenz fehlen dem Projekt wesentliche Informationen. Gleichzeitig entstehen Widerstände in der Organisation, weil sich wesentliche Stakeholder nicht ausreichend eingebunden fühlen.
- Fehlende Risikobewertung: Jedes Projekt ist einzigartig. Trotzdem ist es erstaunlich, wie viele Projekte an sehr typischen Risiken scheitern, von denen dann im Rückblick schwer nachvollziehbar ist, warum diese nicht vorher erkannt worden sind. Solche Fehler werden dann schnell auch den verantwortlichen Vorständen gefährlich.
- Unerfahrene Projektleitung und kein dediziertes Projektteam: Das Management von Projekten wird trotz der strategischen Bedeutung vieler Projekte häufig Nachwuchsführungskräften überantwortet. Wenn diese sich bewähren, bekommen sie „echte“ Managementjobs als Team- oder Bereichsleiter. Damit stehen aber in den wenigsten Unternehmen erfahrene Manager für strategisch wichtige Projekte zur Verfügung. Neben dem Liniengeschäft auch noch Projekte zu stemmen, ist genauso wenig erfolgversprechend wie der Versuch, synchron mehrere Partien Schach gegen starke Gegner zu spielen.
Die Eröffnungsphase eines Projekts – Lektionen aus dem Schach
Die ersten Züge in einem Schachspiel legen den Grundstein für den späteren Erfolg. Genauso ist es in einem Projekt: Wer die Eröffnungsphase nicht strategisch angeht und Fehler macht, wird später Schwierigkeiten bekommen. Wie bei der Eröffnung eines Schachspiels gelten auch das Setup eines Projektes Prinzipien, die Orientierung geben und helfen Fehler zu vermeiden:
1. Den Gegner richtig einschätzen und auswählen – Realistische, inkrementelle Ziele setzen
Ein durchschnittlicher Schachspieler wird keinen Großmeister besiegen – daher ist es essenziell, realistische Ziele zu setzen. In Projekten bedeutet das:
- Die Projektziele sollten ambitioniert, aber erreichbar sein.
- Herausforderungen müssen erkannt und in handhabbare Schritte zerlegt werden.
- Risiken und Machbarkeit müssen schon in der frühen Phase analysiert werden.
2. Vorbereitet sein – Wer seine Hausaufgaben macht, gewinnt die Zeitpartie
Schach wird oft auf Zeit gespielt – ebenso gibt es im Projektmanagement enge Zeitrahmen. Der Schlüssel liegt in einer gründlichen Vorbereitung:
- Schnelle Züge sind im Schach wie im Projektmanagement nur möglich, wenn diese vorher klar durchdacht worden sind.
- Trennung der Projektdefinitions- und planungsphase von der Umsetzung
- Identifikation von Risiken und erste Maßnahmen zur Risikominimierung
- Sorgfältige Ressourcenplanung und erste Stakeholder-Analysen
- Festlegung von Rollen, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswegen
3. Keine Zeit verlieren – Frühzeitige Verzögerungen wirken sich später fatal aus
Verlorene Zeit scheint in der Eröffnung nicht gravierend zu sein – doch Verzögerungen potenzieren sich im Mittelspiel. In Projekten bedeutet das:
- Verzögerungen im Live-Betrieb sind ungleich teuer als während der Planungsphase
- Nochmals: Trennung der Planungs- und der Umsetzungsphase
- Schnelle Umsetzung durch gründliche Vorbereitung ermöglichen
- Frühzeitige Identifikation potenzieller Engpässe
- Agiles, iteratives Vorgehen, um schnell erste Ergebnisse zu liefern.
4. Figuren entwickeln – Stakeholder-Management von Beginn an
Im Schach entwickelt man frühzeitig seine Figuren, um Kontrolle über das Spielfeld zu erlangen. Im Projekt bedeutet das:
- Frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder
- Klärung der Interessen, Erwartungen und potenziellen Konflikte
- Aufbau eines tragfähigen Netzwerks zur Unterstützung des Projekts
5. Das Zentrum besetzen – Fokus auf die wesentlichen Felder
Im Schach kontrolliert der Spieler, der das Zentrum beherrscht, das Spielgeschehen. Für Projekte gilt:
- Konzentriere dich auf die zentralen Erfolgsfaktoren des Projekts.
- Vermeide Ablenkungen durch Nebenkriegsschauplätze.
- Setze von Anfang an klare Prioritäten.
6. Sichere Stellung vor Kamikaze-Missionen – Erst die Basis schaffen, dann angreifen
Im Schach wird empfohlen vor offensiven Schritten eine sichere Stellung aufzubauen. Dies kann z.B. durch eine Rochade erfolgen. Genauso soll die Dame nicht zu früh und ohne Unterstützung eingesetzt werden- gerade weil diese so wertvoll ist. Für Projekte bedeutet das:
- Erst eine stabile Struktur und solide Planung, dann operative Umsetzung
- Frühzeitige Sicherstellung der Finanzierung und Ressourcen
- Keine übereilten Entscheidungen ohne fundierte Basis treffen.
7. Die ersten Züge bestimmen das weitere Spiel – Ein starker Start bringt Vorteile
Im Schach gibt es bewährte Eröffnungsstrategien, die das Spiel vereinfachen. In Projekten gilt:
- Etablierte Methoden und bewährte Prozesse nutzen.
- Standardisierte Vorlagen und Best Practices anwenden.
- Früh erste Quick Wins erzielen, um Vertrauen und Motivation zu steigern.
Die Eröffnung eines Projekts ist nicht nur ein formaler Akt, sondern ein entscheidender strategischer Schritt. Eine durchdachte und strukturierte Herangehensweise schafft die Grundlage für ein erfolgreiches Mittelspiel, in dem Dynamik, Konflikte und Kurskorrekturen eine Rolle spielen werden. Genau darum wird es im nächsten Artikel gehen.
Wie läuft Ihr Projekt wirklich?
Ein guter Start, eine solide Strategie im Mittelspiel und ein souveränes Endspiel entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Doch oft werden entscheidende Fehler erst erkannt, wenn es fast zu spät ist.
Lassen Sie Ihr geplantes oder laufendes Projekt von erfahrenen Experten bewerten. In unserem kompakten Projekt-Check-Workshop analysieren wir die kritischen Erfolgsfaktoren, identifizieren Risiken und geben Ihnen konkrete Handlungsempfehlungen – pragmatisch, umsetzbar und direkt anwendbar.