Ein Corporate auf der einen, ein Start-up auf der anderen Seite: Das kann ein Kultur-Clash sein. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon unterschiedliche Perspektiven bei der Zusammenarbeit von jungen und etablierten Unternehmen eingenommen – ich weiß um Erwartungshaltungen und Reglementierungen auf beiden Seiten. Etwa die Bedeutung von Zeit: Dass etwa die Zusage einer „schnellen Entscheidung“ für ein Start-up eher wenige Tage dauert, für ein Corporate durchaus einen Zeitraum von wenigen Wochen meinen kann.
Umso wichtiger ist, sich im Vorfeld in die Perspektive des Gegenübers hineinzuversetzen und zu wissen, was das Ziel und die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit sein sollen. Ganz besonders aber muss die Umsetzung so gewählt sein, dass sie für beide Seiten fair, attraktiv und realistisch umsetzbar ist. Nur eine Implementierung auf Augenhöhe wird die Beziehung zwischen Start-up und Corporate langfristig mit Erfolg krönen.
Aus meiner bisherigen Arbeit habe ich vor allem fünf Erkenntnisse dazu mitgenommen, auf was es für eine gute und produktive Zusammenarbeit zwischen Corporate und Start-up ankommt:
1. Realistische Erwartungen und KPIs
Wer Start-ups und ihre Potenziale ansieht, sollte natürlich groß denken. Skaleneffekte, der berühmte Hockey-Stick des exponentiellen Wachstums – alles in Ordnung. Aber in der operativen Zusammenarbeit sollte auf beiden Seiten eine gesunde Portion Realismus vorherrschen. Das bedeutet, dass die KPIs immer auch auf Vergleichswerten fußen und nicht aus der Luft gegriffen sein sollten.
2. Rückhalt des Top-Managements
Wer in größeren Unternehmensstrukturen arbeitet, weiß, wie wichtig Unternehmenspolitik ist. Wenn ein Start-up zum Spielball zwischen Abteilungen und Führungskräften wird, schadet das beiden Seiten. Es sollte also den Rückhalt des gesamten Top-Managements haben, um wirklich produktiv – und somit mittelfristig auch zum Vorteil des Corporates – agieren zu können.
3. Skillset des Corporate Teams
Die Zusammensetzung des Corporate Teams, das mit dem Start-up zusammenarbeitet, ist das A und O. Hier kommt es auf eine breite Palette relevanter Fähigkeiten an; natürlich fachliche – rund um Wachstumspotenziale, juristische Fallstricke, etc. – aber auch menschliche. Die Bereitschaft zum Vernetzen, zum Sparring und Austausch sind extrem wichtig.
4. Verankerung im Unternehmen
Das Start-up sollte im Corporate an einer adäquaten Stelle angedockt sein. Wie genau das aussieht, hängt vom Einzelfall ab – gibt es etwa bereits eine Startup-Partnering-Abteilung und festgelegte Prozesse oder ist die Zusammenarbeit die erste ihrer Art? Ist geplant, weitere Start-ups an Bord zu holen und wenn ja, wann? All das sind Fragen, die bei der Verankerung im Unternehmen klug geprüft werden sollten. Wichtig ist in jedem Fall eine gute Mischung aus Freiraum und Eingliederung in bestehende Strukturen. Denn wenn eine produktive Zusammenarbeit zwischen den auf dem Papier so fremd klingenden Mindsets gelingt, ist dies auch ein Beitrag zum Business Development.
5. Vertrauen und ausreichend Zeit
Mit einem Start-up wirklich Fahrt aufzunehmen, braucht Zeit. Es gibt keine Formel und keine unumstößliche Timeline, der es nur zu folgen gilt, um erfolgreich am Ziel anzukommen. Es steckt viel Trial and Error im gesamten Prozess und die Bereitschaft, sich immer wieder neu anzupassen. Daher müssen Gründer:innen einfordern, dass das Corporate ihnen die adäquate und realistische Zeit gewährt, die es braucht. Und sie müssen wissen, dass ihnen Vertrauen in ihre Vision gewährt wird. Nur so können sie erfolgreich agieren.
Ohne gelebte Kommunikation ist alles nichts
Die Zusammenarbeit zwischen zwei Playern, die eigentlich grundverschieden sind, kann nur gelingen, wenn Kommunikation gelebt wird: Innerhalb des Corporates und des Start-ups, aber vor allem auch zwischen den beiden Welten. Dafür braucht es faire und attraktive Vereinbarungen, mit denen beide Seiten gut leben und arbeiten können.
Ohne diese Kommunikation wird es zu dem Clash der Kulturen kommen, der im Zweifel dafür sorgt, dass die gemeinsame Reise eine kurze sein wird.